Residenzprogramm im Radialsystem
Im Rahmen von „Body Time Space“ lädt das Radialsystem Berliner Künstler*innen(-Gruppen) zu jeweils vierwöchigen Residenzphasen in die eigenen Studios ein. Ziel der Residenzen ist es, Tanzschaffenden in den Studios des Radialsystem in einem freien und gleichzeitig geschützten Rahmen eine Vertiefung und Weiterentwicklung ihres bereits bestehenden künstlerischen Fokus zu ermöglichen. Der Begriff Residenz ist dabei geprägt von einer Offenheit gegenüber dem Ergebnis des künstlerischen Arbeitsprozesses und von dem Bewusstsein, dass Zeit und Raum essenziell sind für die künstlerische Entwicklung. Die Residenzen im Radialsystem verstehen sich daher als Möglichkeitsraum für vorkonzeptionelles Erproben künstlerischer Praxis – jenseits eines konkreten Produktionsvorhabens.
Während der Residenzphasen sind die Künstler*innen in jeweils zwei Impulszeiträumen dazu eingeladen, die eigene Arbeit mit internationalen Dialogpartner*innen aus anderen Wissensbereichen und/oder künstlerischen Disziplinen im transdisziplinären Austausch zu reflektieren. Die Arbeitsstände können im Rahmen von Studiovisits, öffentlichen Performances, Workshops oder Ausstellungen auf den Bühnen und in den Räumen des Radialsystem präsentiert werden. Neben einem Stipendium erhalten die Tanzschaffenden technische Unterstützung, dramaturgische Betreuung und Produktions- bzw. Presse-/ Marketingcoachings durch die Mitarbeiter*innen des Hauses.
Erstmalig hat die Berliner Senatsverwaltung für Kultur und Europa im Jahr 2020 im Rahmen des Pilotprojekts „Residenzförderung für Berliner Tanzschaffende“ Residenzprogramme ausgeschrieben und vergeben. Zusammen mit acht weiteren Produktionsorten wird das Radialsystem Residenzen an Berliner Künstler*innen vergeben.
März/April & August/September 2024: Tänzerin und Performerin Valeria Oviedo
Die in Berlin lebende mexikanische Künstlerin und Produzentin Valeria Oviedo erforscht im Rahmen ihrer Residenz die Ursprünge und machtvollen Effekte von Konflikten über die künstlerisch-experimentelle Auseinandersetzung mit kämpferischen und theatralen Bewegungen und Ausdruckformen. Die traditionell mexikanische Variante des ‚Wrestling Lucha Libre‘, die kämpferische, akrobatische und performative Elemente kombiniert, dient als Folie, um körperlich geprägte Kämpfe zu untersuchen. Dabei spielen für Oviedo insbesondere Humor und Verspieltheit, Widerstand und Reibung entscheidende Rollen.
Gemeinsam mit anderen Performer*innen, der Musikerin Emme Moises und im Austausch mit den von ihr gewählten Dialogpartner*innen befasst sich die Künstlerin auch mit Konzepten und Techniken der Achtsamkeit und Meditation, um den Zustand des Körpers und des Geistes in Momenten des Konflikts besser zu verstehen. Ihre Arbeit beruht auf der Überzeugung, dass Konflikte sowohl von Innen als auch äußerlich gedacht werden müssen – entlang von „Otherness“.
Valeria Oviedo ist eine interdisziplinär arbeitende Künstlerin und Produzentin aus Tijuana, Mexiko. Oviedo arbeitet mit einem Fokus auf Choreografie, Medienkunst und Performance und beschäftigt sich mit den Themenfeldern Grenzen, Abstammung, die Rolle der Frau sowie Trauer und Tod. Über ihre Arbeiten versucht sie stets, eine Verbindung mit dem Publikum herzustellen – unabhängig davon, ob dieses eine Beziehung zu Kunst hat. Seit 2020 arbeitet und lebt Valeria Oviedo in Berlin und bietet angeleitete Meditationen und achtsame Bewegungsübungen an. Zuletzt entwickelte sie die Produktion „Los Malos Hábitos“ im Rahmen der Research Residenz im ada Studio für zeitgenössischen Tanz in Berlin.
Showing
Zum Abschluss ihrer Body Time Space Residenz im Radialsystem präsentiert die Künstlerin in einem Showing den Arbeitsstand ihrer Performance „FEISTY“ mit anschließendem Artist Talk.
Künstlerische Leitung Valeria Oviedo
Performance Aleksandra Petrushevska, Elvan Tekin, Pamela Moraga
Dialogpartner*innen Yotam Peled, Venerable Lama Lhanang Rinpoche
Lucha Libre Movement Coaches Orlando Silva, Liss
Musik und Komposition Emme Moises
Kostümdesign Maria Ignacia Navarro
März / April / Mai 2024: Tänzerin und Performance-Künstlerin Frida Giulia Franceschini
Die in Berlin lebende italienische Künstlerin Frida Giulia Franceschini hat im Rahmen ihrer Residenz gemeinsam mit der Sound Designerin Sophie Vitelli an einer neuen Performance gearbeitet. „The Night“ (Arbeitstitel) setzt sich über Bewegung und Text mit dem schmerzhaften Spektakel auseinander, das das italienische Fernsehen während der Berlusconi-Ära prägte: Über Jahrzehnte wurde der weibliche Körper instrumentalisiert und ausgebeutet. Gemeinsam mit anderen Performer*innen und Musiker*innen untersucht Frida Giulia Franceschini, wie diese Darstellungen, die jahrelang die italienische Essenszeit dominierten, weiterhin Körper ‚bewohnen‘. Franceschini erforscht Geschichten und Identitäten, die in dieser Welt zirkulieren, die fiktiven Erzählungen und sozialen Diskurse. Die Nacht dient dabei als ein imaginärer Ort, der Träume und Albträume, Sinn und Unsinn, Verliebtheit und Grauen miteinander verbindet.
Frida Giulia Franceschini ist eine in Berlin lebende Tänzerin und Performancekünstlerin. Mit einem Hintergrund in Bildender Kunst, Akrobatik und zeitgenössischem Tanz arbeitet sie seit 2012 als freischaffende Performerin mit verschiedenen Künstler*innen und Choreograf*innen zusammen. Frida Giulia Franceschini hat bislang drei Performances entwickelt: „Baby“, „Three Little Rooms“ und „Tricks for gold“. Unter dem gleichen Titel präsentierte sie 2022 den Kurzfilm „Tricks for gold“, den sie gemeinsam mit Sophie Vitelli kreierte und bei dem sie Regie führte.
Choreografie und Performance Frida Giulia Franceschini
Co-Regie, Sounddesign und Musik Sophie Vitelli
Performance Emil Ertl / Simo Vassinen
Performance und Movement Research Viktoria Andersson
November / Dezember 2023: Tänzerin, Choreografin und Wissenschaftlerin Kasia Wolińska
Kasia Wolińska ist Tänzerin, Choreografin und Wissenschaftlerin. Ihre künstlerische Praxis beschäftigt sich mit Diskursen und Theorien der politischen Dimensionen von Tanz, an erster Stelle jedoch mit Bewegungspraktiken und -techniken. Der eigene Körper wird dabei zu einem sich ständig wandelnden Konglomerat von Formen, Empfindungen, Affekten und Geschichten. Die Künstlerin glaubt an den Wert transnationaler und speziesübergreifender Solidarität, an Tanz als Ausdruck von Wissen und Widerstand, und an die Notwendigkeit eines anhaltenden sozialistischen und feministischen Kampfes im Sinne der Freiheit und der Realisierung von Nachkriegs-Utopien. Ebenso hat sie sich in Diskurse und Methoden guter Arbeitsbedingungen im Tanz in der Freien Szene Berlins und darüber hinaus eingebracht. Derzeit ist sie Mitglied des Systering Collective.
Im Rahmen ihrer Residenz im Radialsystem widmet sich Kasia Wolińska den Bereichen Religion und Tanz. Es ist ein Versuch, die Bewegungen des Geistes zu erfahren, heilige Zeit und heiligen Raum zu berühren und ihre Beziehung zum Tanz jenseits der Anforderungen des Kunstmarkts aufleben zu lassen: hin zum Tanz als Akt der Gemeinschaft – mit sich selbst und mit den Welten anderer. Ausgehend von den legendären Konzerten von Pink Floyd in Pompeji (1972) und Los Jaivas in Machu Picchu (1981) taucht sie gemeinsam mit eingeladenen Wissenschaftler*innen, Dramaturg*innen, Künstler*innen und spirituellen Praktizierenden in einen Raum ein, wo sich Klang und Bewegung vermischen, Grenzen sich auflösen und Freude, Wut oder Trauer willkommen sind.
Offene Körperpraxis
In der letzten Woche ihrer Body Time Space Residenz lädt Kasia Wolińska an zwei Vormittagen zu einer offenen Körperpraxis ins Radialsystem ein, bei denen die Künstlerin ihre Begeisterung für Tanz sowie dessen technische, sensorische, historische und spirituelle Dimensionen vermittelt.
Oktober / Dezember 2023: Tänzerin und Choreografin Ixchel Mendoza Hernández
Die mexikanische Choreografin und Tänzerin Ixchel Mendoza Hernández lebt und arbeitet seit 2007 in Berlin. Ihre Arbeit geht von einem Phänomen aus, das sie ‚Visual Ghost‘ nennt – ein sich ständig wandelndes Bewusstsein der Wahrnehmung. In einer Welt, in der das Sichtbare und das Unsichtbare eng verwoben sind, untersucht sie, wie das Immaterielle, Unsichtbare durch körperliche Erfahrung sichtbar werden kann. Mit choreografischen Mitteln entsteht ein im Raum materialisiertes Bewusstsein.
Ihre Arbeit im Rahmen ihrer Residenz konzentriert sich auf emotionale Praktiken sowie die Kraft von Berührung und Verbindung durch intime Beziehungen zwischen drei Performer*innen. Durch Haut-zu-Haut Kontakt und die Verkörperung tiefer Emotionen sollen Machtstrukturen reflektiert und durch die Linse sich überschneidender sozialer Trennlinien wie Rasse, Geschlecht und Sexualität sowie das komplexe Beziehungsgeflecht zwischen Menschen und Nicht-Menschen analysiert werden. Mittels choreografierter Beziehungen verwebt Hernández das Persönliche und das Gemeinsame, das Individuelle und das Soziale miteinander und erforscht das transformative Potenzial von Berührungen.
Ixchel Mendoza Hernández studierte Choreografie und Tanz an der ArtEZ University of the Arts Arnhem und im Programm SoDA am Hochschulübergreifenden Zentrum Tanz – HZT Berlin. Ihre Arbeiten wurden an zahlreichen Spielorten und Festivals gezeigt, u.a. beim ImPulsTanz Vienna International Dance Festival. Als Tänzerin und Performerin arbeitete sie zuletzt mit u.a. Susanne Kennedy und Kat Válastur zusammen. Zu ihren aktuellen Arbeiten zählen „THE TWOFOLD PARADOX“ (2018), „THE MULTIPLICITY OF THE OTHER“ (Work in progress, 2021) und „The Reversed Alchemist: Figure 4-6“ (2021). Sie ist Mitbegründerin des Projekts SPREAD, ein feministisches Online-Magazin für Tanz und Performance.
Residenz Ixchel Mendoza Hernández
Recherche zusammen mit Dora Đurkesac, Hyewon Suk, Maika Knoblich, Joséphine Evrard, Roger Salar Reyner und Sebastian Elias Kurth
Oktober 2022: Tänzerin und Choreografin Rocío Marano
Über einen Zeitraum von vier Wochen wird die in Berlin lebende Tänzerin und Choreografin Rocío Marano gemeinsam mit assoziierten Künstler*innen in den Studios des Radialsystems und den Räumen von Cordillera Berlin forschen und arbeiten.
In ihrer künstlerischen Forschung beschäftigt sich Rocío Marano mit traditionellen argentinischen Tänzen. Dabei hinterfragt sie die ästhetischen Paradigmen des westlichen, zeitgenössischen Tanzes und Zuschreibungen wie die der Folklore. Während ihrer Residenz widmet sie sich dem Manifest des „Latinfuturism“ und seiner Zeitauffassung, die der Idee einer glorreichen Zukunft durch Beschleunigung und Fortschritt misstraut. Anknüpfend an ihre letzte Arbeit „Matria“ vertieft Marano zudem ihre Auseinandersetzung mit dem Malambo – einer traditionellen Tanzform der argentinischen Gauchos, die während der kolonialen „Eroberung“ der Wüste in Wallpampu entstand.
In der performativen Auseinandersetzung damit gilt Maranos Interesse Gegensätzliches in Raum und Zeit miteinander in Berührung zu bringen. Mit Hilfe von VR-Technologien und 360°-Kameras erforscht sie die künstlerischen und ästhetischen Dimensionen solch raumzeitlicher Berührungspunkte.
Die argentinische Tänzerin und Choreografin Rocío Marano arbeitet seit 2014 in Berlin. Neben ihrer Tanzausbildung studierte sie an der Escola Superior d‘Art i Disseny de les Illes Balears in Spanien und absolvierte anschließend ein Masterstudium in Choreografie am Hochschulübergreifenden Zentrum Tanz HZT in Berlin. Sie studierte darüber hinaus Ökofeminismus an der Universität Buenos Aires und wurde 2020 mit einem DAAD-Stipendium gefördert. Rocío Marano lässt sich insbesondere durch kollektive und alltägliche Prozesse inspirieren, deren Kontexte weit über den zeitgenössischen Tanz hinausgehen. Daher ist ihre Forschung ekklektisch ausgerichtet und schließt Praktiken wie Krump, Malambo, interspezifische Wechsel-beziehungen – oder auch Gähnen – ein.
Zum Abschluss ihrer Residenz öffnet Marano ihren Rechercheprozess und lädt im Rahmen von „Embodied Practices: #2 Matria – Motherland“ zu einem Workshop ein.
Mai 2022: Tänzerin, Choreografin und Kuratorin Kianí del Valle
Im Rahmen ihrer „Body Time Space“-Residenz wird die Tänzerin, Choreografin und Kuratorin Kianí del Valle gemeinsam mit assoziierten Künstler*innen in den Studios des Radialsystems das Konzept „Mujer Pulpo“ – „Oktopusfrau“ – weiterentwickeln. In einem Dialog zwischen Tanz und Film setzt sie sich mit den Biografien von acht Frauen auseinander, die die Geschichte vergessen hat – im Radialsystem insbesondere mit der deutschen postmodernen Tänzerin, Choreografin und Tanzpädagogin Mary Wigman und der amerikanischen Performancekünstlerin Carolee Schneemann.
„Mujer Pulpo“ befragt, wie wir biografische Faktoren lesen und verstehen, und geht neue Wege der Untersuchung performativer feministischer Ideologien. Jedes Solo wird in Zusammenarbeit mit einer*m anderen Musikproduzentin*en für die Live-Performance sowie mit einer*m anderen Filmemacher*in für jeden Film erarbeitet. Das Projekt soll perspektivisch in eine eigene „Kinemathek“ münden, die Solo-Live-Performances, ein Album mit den Partituren der verschiedenen Produzent*innen sowie eine Dokumentation des Entstehungsprozesses in Buchform umfasst.
Die in Berlin lebende Tänzerin, Choreografin, Regisseurin und Performance-Kuratorin Kianí del Valle stammt ursprünglich aus San Juan, Puerto Rico. Nach einem Studium der Malerei und Bildhauerei wandte sie sich der Tanz- und Performancekunst zu. Sie tanzte und trainierte in Puerto Rico bei Ballet Teatro de Nana Hudo, Ballet de San Juan, Andanza Dance Company und „Hincapié“ Experimental Dance Group sowie international bei Alvin Ailey American Dance Theatre (NYC), Rastro Dance (NYC), Sasha Waltz & Guest (Berlin) und Matanicola (Berlin). Del Valle ist Gründerin und Choreografin des KDV DANCE ENSEMBLE in Berlin, sowie Gründerin und Kuratorin des Festivals CUERPO EN ECOS (PR). Ihre Arbeiten wurden u.a. im Funkhaus Berlin, dem Barbican London, CCCB Barcelona, Getty Museum LA und dem Tribeca Performing Arts Centre NYC gezeigt. Sie arbeitete mit Musiker*innen wie Ziur, Kelman Duran, Floating Points, Clark, Objekt, Raven, Lotic, Bendik Giske, Ibeyi, Unknown Mortal Orchestra und Rammstein zusammen. Als Gastprofessorin war sie für die Northern School of Contemporary Dance UK, Performing Arts School of University of South Wales und PERA Performative School in Nordzypern tätig.
März 2022: Choreograf Pol Pi
Mit „Corps Espace Temps“ wird das 2020 erfolgreich begonnene Residenzprogramm „Body Time Space“ im Radialsystem erweitert. In Kooperation mit dem Institut français richtet sich das Programm speziell an Tanzschaffende aus Frankreich. Gerade die diverse französische Tanzszene ist in Berlin aufgrund fehlender Gastspielförderung kaum sichtbar.
Die Residenz „Corps Espace Temps“ im Radialsystem schließt diese Lücke: In Frankreich lebende Tanzschaffende erhalten eine Plattform und treten in Dialog mit Künstler*innen der freien Szene Berlins. Den Anfang macht der Choreograf Pol Pi, der gemeinsam mit Musiker*innen des Solistenensembles Kaleidoskop in einer zweiwöchigen Recherchephase seinen künstlerischen Fokus vertieft und weiterentwickelt.
Pol Pi ist ein brasilianischer transmaskuliner Choreograf und Performer, der seit 2013 in Frankreich lebt. Seine Arbeiten kreisen um Fragen der Erinnerung, der Übersetzung und des Begriffs des Archivs im Tanz. Die Basis seiner Arbeit bildet eine Beschäftigung mit Fragilität, Intimität und Zweifel. Während seiner Residenz im Radialsystem setzt er sich zusammen mit der Cellistin Sophie Notte mit Anspannungen und Energien auseinander, die den Körper eines Menschen beim Spiel eines Instruments erfassen und durchfließen – und wie sich diese Intensität in Bewegung und Tanz übersetzen lässt. Unter Verwendung kurzer Texte sowie musikalischer und choreografischer Phrasen treten sie in einen Dialog miteinander und ergründen die intuitiven Übersetzungsvorgänge zwischen den verschiedenen Materialien und Ausdrucksformen.
Pol Pis Arbeiten wurden international aufgeführt, seine neuesten Werke sind u.a. „beauty is accessory“ (2021), „daté-e-s“ (2020) und „Me too, Galatée“ (2018). Als Tänzer und Choreograf hat er mit u.a. Clarissa Sacchelli, Eszter Salamon, Latifa Laabissi/Nadia Lauro, Aude Lachaise, Anna Anderegg und Anne Collod zusammengearbeitet.
Vom 04.-06. März sind Pol Pi und Sophie Notte in dem Stück „LOVE:15“, mit dem das Solistenensemble Kaleidoskop sein 15-jähriges Jubiläum feiert, im Radialsystem zu sehen: Ein Abend aus acht Duetten und einem gemeinsamen musikalischen Abschluss, der die Möglichkeiten und Unmöglichkeiten von Begegnungen, Liebe und Gemeinschaft behandelt.
April 2021: Choreograf, Tänzer und bildender Künstler André Uerba
Der Choreograf, Tänzer und bildende Künstler André Uerba studierte Solo/Dance/Authorship am HZT Berlin und Fotografie an der Ar.Co Lissabon. Seit 2013 arbeitet Uerba intensiv zu performativen Möglichkeitsräumen an der Grenze zwischen Choreografie und Skulptur. Er kollaboriert mit Künstlern*innen wie Alexandra Pirici, Antonija Livingstone, Clément Layes, Sandra Man & Moritz Majce, Julian Weber, Diego Agulló und Tino Sehgal. Mit dem Duo Ana Borralho & João Galante tourte er als künstlerischer Mitarbeiter für das Stück „Atlas“ (2012-18). 2018 erhielt Uerba eine Einstiegsförderung des Berliner Senats und entwickelte „Burn Time“, das in der Tanzfabrik Berlin Premiere feierte und seitdem international tourt – u.a. präsentierte er es 2020 im radialsystem. Seit 2021 ist Uerba Teil des Projekts „Re-Think (Accessibility & Sustainable Mobility)“, das vom Schwedischen Institut und Norrlandsoperan unterstützt wird.
Wie manifestieren sich Berührungen in unseren Körpern und welche Spuren hinterlassen berührende Begegnungen? Ob durch ein Bild, einen Klang oder einen Körper erzeugt: Während seiner Residenz im radialsystem untersucht André Uerba die unterschiedlichen Dimensionen von Berührungen, ihre Eigenschaften, Qualitäten und Komplexitäten. Über Bewegung, Verlangsamung und Konzentration auf den Körper erprobt Uerba gemeinsam mit seinen Co-Resident*innen verschiedene Formen des Kennenlernens und Sich-Fühlens, um das Potential eines Miteinanders zu erforschen: Körper, die aufeinandertreffen, sich koordinieren, nonverbal kommunizieren – und so gemeinsam einen Raum eröffnen, den Uerba als „politischen Körper-Raum“ versteht.
Die Auseinandersetzung mit dem Thema Berührung begann André Uerba während den Proben zu seiner Arbeit „Burn Time“ 2018. Während der Residenz im radialsystem führt er seine laufende Forschung dazu weiter. Schwerpunkte seiner Forschung bilden das Interesse an Entschleunigung sowie die Wertschätzung eines Anders- und Zusammenseins.
Februar 2021: Choreografin und Tänzerin Jee-Ae Lim
Jee-Ae Lim studierte traditionellen koreanischen Tanz an der Kyung-Hee Universität in Seoul und absolvierte ihren Master in Solo/Dance/Authorship am HZT Berlin. Ihre Arbeiten sind geprägt vom Verhältnis zwischen Tradition und Zeitgenossenschaft und widmen sich häufig der Alltagspraxis transmigrantischer Gesellschaften. Im Jahrbuch Tanz wurde sie 2014 zur „Hoffnungsträgerin“ und vom Gaeksuk Magazin zur „Young Leading Artist 2015“ gewählt. Zwischen 2017-2020 erhielt sie mehrere Förderstipendien vom Berliner Senat und dem Arts Council Korea. Zu ihren aktuellen Arbeiten zählen „Your East, My Ghost“ (2018) und „Mountain, Tree, Cloud and Tiger ver.0“ (2019/2020). Ihre Arbeiten waren u.a. in den Sophiensaelen in Berlin und an verschiedenen Orten in Korea zu sehen.
Jee-Ae Lims künstlerisches Interesse gilt der Betrachtung des Körpers als bewegtes Archiv – als Träger kultureller Erfahrungen und Erinnerungen im Verhältnis zwischen Tradition und Zeitgenossenschaft, individueller Erinnerung und kulturellem Gedächtnis, Mobilität und Heimat. Impulsgebend für ihre Arbeit ist die eigene Erfahrung der Diaspora, die sie im Tanz körperlich reflektiert. Gemeinsam mit Co-Residentin Natsuko Tezuka erforscht sie den ‚diasporischen‘ Körper als potenziell neue Form kultureller Praxis.
November 2020: Choreografin und Tänzerin Lina Gómez
Die in Kolumbien geborene Choreographin, Tänzerin und Bewegungslehrerin Lina Gómez studierte zunächst Tanz und Theater in Sao Paulo/ Brasilien. Ihren Master in Choreografie erhielt sie anschließend am Hochschulübergreifenden Zentrum Tanz in Berlin, wo sie heute lebt und arbeitet. Für ihr Gruppenstück „A Passo di Mulo“ (2018) erhielt sie eine Förderung der Berliner Senatsverwaltung für Kultur und Europa. Ihre Arbeit „Restraint“ wurde an verschiedenen Orten in ganz Europa präsentiert und war Teil der europäischen Tanzplattform „Aerowaves Twenty19“. Das Goethe-Institut unterstützte sie mehrfach. Als Tänzerin und Performerin arbeitet Lina Gómez unter anderem mit Tino Sehgal, Yoshiko Chuma, Edson Fernandes und Jorge Garcia.
Gómez‘ singuläre choreografische Handschrift ist geprägt durch eine kompromisslose Auseinandersetzung mit dem Körper, durch ein starkes Formbewusstsein und durch die Verknüpfung diverser Bewegungstraditionen aus unterschiedlichen kulturellen Zusammenhängen. Darüber hinaus erarbeitet Lina Gómez in ihren Stücken komplexe Beziehungen zwischen Musik und Tanz, die beispielhaft dafür sind, wie aus der Perspektive der Choreografie derzeit ein neuer zeitgenössischer Blick auf das geworfen wird, was „Musiktheater“ jenseits der Genrekonventionen noch bedeuten könnte. Ihre interdisziplinäre Arbeitsweise, ihre Auseinandersetzung mit Grenzen zwischen Körper, Raum und Klang beziehungsweise mit ihrer Auflösung teilt sie mit der programmatischen Ausrichtung des Radialsystem.